Wie geht es 2024 weiter?
Die Bartgeier werden im Nationalpark Berchtesgaden erneut Zuwachs bekommen.
Der Naturschutzverband LBV will auch im Frühjahr wieder zwei Bartgeier dort auswildern – zum vierten Mal. Erst im April werde klar sein, woher die neuen
Bartgeier kommen, "aber wir haben die Zusicherung vom Zuchtprogramm, daß wir wieder zwei junge Vögel bekommen", so der Bartgeier-Experte Toni Wegscheider.
An 42 Orten in Europa werden im Rahmen des europäischen Projekts Bartgeier gezüchtet, unter anderem in Zoos.
Die »Neuen« sollen in dieselbe schwer zugängliche Auswilderungsnische gebracht werden wie in den Vorjahren ihre Artgenossen. Dort werden sie gefüttert und müssen
erst einmal fliegen lernen. Ende Mai oder Anfang Juni soll das geschehen, wie Ulrich Brendel, stellvertretender Leiter des Nationalparks Berchtesgaden, sagte. "Wir drücken die Daumen und die
ersten Vorbereitungen laufen bereits".
Die ersten ausgewilderten Geier – Bavaria und Wally – kamen 2021 aus Spanien, ebenso ihre Nachfolgerinnen Dagmar und Recka. Dagmar ist die Cousine von Bavaria und
Recka die Schwester von Wally, die als einziges Tier nicht überlebte. Sie wurde von einem Stein erschlagen. Sisi
und Nepomuk – das erste Männchen, das ausgewildert wurde – kamen 2023 aus Österreich dazu. "Es läuft sehr gut, die Vögel entwickeln sich prächtig. Wir haben keinen
Grund zur Sorge", sagte Wegscheider. Im Optimalfall schließen sich nach Brendels Worten die noch jungen Vögel Sisi und Nepomuk in den kommenden Wochen anderen Bartgeiern an, um den Winter in den
Alpen leichter zu überstehen - ganz nach dem Prinzip: Viele Augen finden mehr Nahrung als nur zwei. Während für andere Wildtiere der Spätwinter die schwierigste Zeit ist, weil sie bereits
entkräftet sind und wenig Nahrung finden, wird es für Aasfresser wie Bartgeier leichter. Nicht zuletzt Lawinen bringen ihnen Nahrung. In jeder dritten Lawine sei mindestens eine Gams, erläuterte
Wegscheider.
Zahlreiche Fans verfolgen die Flüge der Geier im Internet. Im Winter wird das allerdings etwas schwieriger: Bei trübem Wetter und kurzen Tagen sinkt die
Akku-Leistung der über Solarzellen gespeisten GPS-Sender.
Im Jahr 2023 besuchten drei unbekannte Bartgeier das Gebiet rund um den Nationalpark, wahrscheinlich allesamt Wildvögel. "Dieser Effekt des Auswilderungsprojekts
nennt sich »soziale Attraktion« und war von uns so erhofft", sagte Brendel. "Bartgeier wirken wie Magnete auf Artge-nossen, sie ziehen sich gegenseitig an. So werde das Auswilderungsgebiet
interessant auch für andere Bartgeier".
Im Jahr 2023 seien in den Alpen 49 junge Bartgeier in freier Wildbahn geschlüpft. "Das ist ein neuer Rekord", sagte Brendel. Wenn es bei dieser Entwicklung bleibt,
könnte das Wiederansiedlungsprojekt im Alpenraum in einigen Jahren abgeschlossen werden. Bartgeier waren 140 Jahre lang in Deutschland ausgerottet. Seit 2021 werden sie im Nationalpark
Berchtesgaden wieder angesiedelt. Auch andernorts in den Alpen gibt
es Auswilderungsprojekte.